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Poetry Generator

Wie man als Lyrik-Anfänger Gedichte schreibt

Ein Programm zum automatischen Erzeugen von Gedichten erweist sich als Kreativitätsquelle, die neben Lyrik auch Heiterkeit erzeugt.
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3. Schritt: Rhythmus erzeugen
Das bisherihge Ergebnis klappert, es hat keinen Rhythmus. Um das zu beheben warf ich einen Blick in ein Buch, in dem Gedichtformen besprochen werden. Daraus lernte ich, dass sich für deutsche Gedichte am ehesten Jambus und Trochäus eignen. Die meisten zweisilbigen Wörter sind Trochäen, also eine lange und eine kurze Silbe (Hebung plus Senkung): Abend, Morgen, Linde, Eiche, glücklich, tapfer usw. Häufiger aber wird in der deutschen Dichtung der Jambus verwendet, also die Umkehrung des Trochäus: kurze Silbe, lange Silbe. Um es mir einfach zu machen, beschloss ich den Jambus zu verwenden.

Ich begann nun, Sätze in diesem Rhythmus zu schreiben, was gar nicht so schwer ist. Mein erstes Ergebnis:

Ich lieb dich und du liebst mich, sagen wir uns
u - u - u - u - u - u
an jedem Tag. Ich sags dir oft, du sagst es
u - u - u - u - u - u
das macht uns glücklich und je öfter...
u - u - u - u - u

Wir sagen uns ich lieb dich und du liebst mich
u - u - u - u - u - u
Wir sagen uns das jeden neuen Tag
u - u - u - u - u -

Dilettantisch? Richtig. Ich bin bekennender Dilettant auf dem Gebiet des Gedichts, aber es war ein Anfang.

4. Schritt: Zeilen mit konstanter Silbenzahl
Als nächstes musste ich Zeilen mit gleichbleibender Silbenzahl machen. Ich wählte die Silbenzahl des Sonetts mit elf Silben pro Zeile. Bei meinem Versfuß sind das fünfeinhalb Jamben: Dadamm, dadamm, dadamm, dadamm, dadamm, da. Ich schrieb einen Haufen Verse in diesem Rhythmus. Anschließend brachte ich diese Verse in eine halbwegs logische Abfolge, so dass sich zwei Anfangsstrophen à vier Zeilen (Quartinen) und zwei Schlussstrophen à drei Zeilen (Terzinen) ergaben, wie es beim Sonett sein soll.

Mein Ergebnis:

Der Traum
Wir sagen uns ich lieb dich und du liebst mich
Ich sags dir und wir glauben's alle beide
Wir sagen es und sagen's immer wieder
Ist das die Liebe, oder ist's was andres?

Was ist es, das uns aneinanderbindet?
Wir sagen uns die immer gleichen Worte
Ich glaub wir reden uns was ein und's stimmt nicht.
's sind Worte nur, die immer gleichen Worte.

Und eines Morgens reibst du dir die Augen
Den Schlaf der Nacht, du wischst ihn endlich doch weg
Zum Staub bin ich geworden, den du wegwischst.

Und weiter reibst du, bis die Augen schmerzen
Du reibst und wunderst dich, wie lang wir schliefen.
Doch wars nicht schön, was wir so lange träumten?

Man sieht, wie sich das Gedicht gewandelt hat. Mit den steigenden formalen Anforderungen änderte sich auch der Sinn ein wenig. So ist aus der Illusion der Liebe eine schöne Illusion geworden (letzter Vers).

Was nun noch fehlen würde, wären Reime in der Abfolge abba abba cdc dcd. Aber das war mir für den Anfang dann doch zu schwer. Ich bin sicher, dass sich der Sinn wieder ändern würde.

(Dezember 2001)

Benutzte Literatur: O. Schumacher (Hrsg.): Grundlagen und Techniken der Schreibkunst. Hamburg: Noetzel 1995 (ISBN 3-930656-16-7)

Ein Link zum Sonett: Rüdiger Heins: Vom Klang der Lyrik - Versuch einer Annäherung an das Sonett

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